Aspekte für ein Wohlbefinden im Pflegeheim
Ausgabe: 08-2022 Datum: 20.09.2022
Thema: Gesundheit, Sozialpolitik
Seit der Pandemie hat in vielen Heimen ein Umdenken stattgefunden
Nicht nur die medizinische Betreuung macht die Qualität eines Pflegeheimes aus – auch die Empathie und das professionelle Verständnis des Personals zählt.
Während der Pandemie galt für die Pflegeheime die Bewohnerinnen und Bewohner vor dem Coronavirus zu schützen, im Vordergrund. Während einer gewissen Zeit wurden die Heime vom Rest der Gesellschaft abgeschottet. Im Nachhinein wehren sich viele Heime gegen ein absolutes Besuchsverbot. Weil es sich gezeigt hat, dass das Wohlbefinden der Bewohnerinnen und Bewohner eben nicht nur vom medizinischen Aspekt abhängt.
Seit der Pandemie hat in vielen Heimen ein Umdenken stattgefunden und sich massiv verbessert. Die pflegerische Betreuung ist besser geworden. Zum Beispiel wurden die Essenszeiten flexibilisiert. Die frühen Essenszeiten am Abend sind vielerorts aufgehoben worden. Es ist gottlob heute nicht mehr überall so, dass die Heimbewohnerinnen- Bewohner um 17.00 Uhr zu Bett gebracht werden, damit die Mitarbeitenden nachher Feierabend haben.
In allen Bereichen der Pflegeheime hat eine Besserung stattgefunden, indem die Pflegeplanung professionalisiert wurde. Allerdings müssten individuelle Fälle noch besser beurteilt werden. Dies z.B. bei Bewohnerinnen und Bewohner mit Dauerschmerzen oder Depressionen. Vielerorts wir geschaut, ob sich psychosomatische Schmerzen anders als nur mit Schmerzmitteln behandeln lassen würden.
Die Kritik, dass zu viel Neuroleptika zur Ruhestellung angewendet wird, wird ernst genommen. In Pflegeheimen sind Symptome von Depressionen ausgesprochen häufig, was erklärbar ist. Viele Personen müssen in ein Pflegeheim eingewiesen werden, weil ihre Partnerin, ihr Partner verstorben ist. Andere müssen ihr Haus verlassen, in dem sie mehr als die Hälfte ihres Lebens gelebt haben. Diese Personen fallen nicht immer in eine Depression, befinden sich aber in einer sehr belastenden Situation. Diese Unterschiede sind nicht immer leicht festzustellen und hier ist es wichtig, dass das Personal spürt, wo und wie es ohne nur zu Medikamenten zu greifen, helfen kann, dass das Wohlbefinden gewährleistet werden kann.
Der Personalmangel in den Pflegeheimen ist ein akutes Problem. Das Personal bemüht sich mit den Bewohnerinnen und Bewohner Spaziergänge zu machen, welche für das Wohlbefinden sehr wichtig sind. Regelmässige Spaziergänge lassen sich aber oft nicht ohne Freiwillige bewältigen. Zunehmende Qualität wie mehr individuelle Betreuung statt nur eine Pille zu geben, kann aber auch dazu führen, dass der Aufenthalt in einem Pflegeheim teurer werden kann. Auch wenn viele Bewohnerinnen und Bewohner in den Heimen ihre Wünsche zurückschrauben, weil sie die Pflegenden nicht noch mehr stressen wollen. Es ist ein Spagat.
Dazu kommt die Tatsache, dass man auch trotz bester Pflege und Wohlbefinden in einem Pflegeheim nicht wieder „fit“ wird. Aber das Ziel eines Aufenthaltes in einem Pflegeheim ist, am Ende lebenssatt und nicht lebensmüde zu sterben. Auch in diesem Bereich hat sich die Mentalität in vielen Pflegeheimen verbessert, was zu einem besseren Wohlbefinden der Bewohnerinnen und Bewohner in den Pflegeheimen führt.
Verena Loembe, Vorstand VASOS