Das viel gelobte Schweizer 3-Säulen System ist nicht mehr zeitgemäss
Ausgabe: 11-2021 Datum: 30.11.2021
Thema: News, Sozialpolitik
Das Gesellschaftsmodell entspricht nicht mehr demjenigen, welches der AHV und dem BVG zugrunde lag
In der Realität haben wir ein «Säulenstapel», nämlich: AHV – BVG – Vermögen und Erwerbseinkommen:
- Für kleine Einkommen ist die AHV die einzige Stütze
- Für mittlere Einkommen ist das BVG die wichtige Ergänzung zur AHV
- Für Reiche ist die AHV lediglich eine der vier Einnahmequellen
Heute zielt die Veränderung des Systems im politischen Diskurs auf Verminderung der Ausgaben, was eine beachtliche Zahl von Rentnerinnen und Rentnern in die Armutsfalle treibt, was nicht einfach hingenommen werden soll und muss.
Ergänzungsleistungen, die eigentlich als Ergänzung zur existenzsichernden AHV und zum BVG gedacht waren, erfüllen diese Funktion nicht mehr, insbesondere wegen der Revision, die am 1.1.2021 in Kraft getreten ist. Für die Mittelschicht ist bei einem Vermögen von Fr.100’000 ein EL Bezug nicht mehr möglich und zeigt, dass sich Sparen nicht mehr lohnt.
Die Hilfslosenentschädigung, die bei gesundheitlich Beeinträchtigten beantragt werden kann, könnte längerfristig verbessert werden durch
– Ausbau des Betreuungsgeldes, mit Beträgen wie in der IV oder Unfallversicherung
– Anpassung der Kriterien hin zur Berücksichtigung psychosozialer Kriterien
– Senkung der Karenzfrist
Dies wäre dann längerfristig keine Hilfslosenentschädigung, sondern neu ein Betreuungsgeld, das für die Bezahlung von Care-Arbeit eingesetzt werden könnte.
Fazit: Abbauszenarien sollen nicht im Vordergrund stehen, sondern die Frage, welche Mittel eingesetzt werden müssen, wie z.B.
- die Verbesserung der bestehenden Instrumente wie EL und HEV
- Betreuungsgutschriften auch im BVG, wobei die bestehenden Kriterien in der AHV
angepasst werden müssten - Erleichterten Zugang zum BVG ist notwendig (obligatorischer Koordinationsabzug wird
abgeschafft)
Die Vorschläge stammen aus dem Buch:
«Ungleichheit im Alter
Eine Analyse der finanziellen Spielräume älterer Menschen in der Schweiz»
von Nora Meuli und Carlo Knöpfel
Das Buch zeigt auf, dass ein Umdenken notwendig ist und Lösungen gefunden werden können. Dazu braucht es aber den politischen Willen.
Bestellungen Print und Open access via: http://Ungleichheit im Alter – Seismo Verlag – Éditions Seismo – Seismo Press
Inge Schädler, Vizepräsidentin VASOS FARES