Demenz
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Die gefürchtetste und die teuerste Krankheit der Schweiz
Demenz betrifft nicht nur die Gesundheit – sondern auch die Finanzen. In der Schweiz verursacht die Krankheit jedes Jahr Kosten in Milliardenhöhe.
Ein grosser Teil davon wird von Angehörigen getragen. Diese stille Krise belastet nicht nur das Gesundheitssystem, sondern vor allem auch die Familien der Erkrankten. Neue Therapien wecken Hoffnung, lösen das Problem aber nicht. Es braucht jetzt konkrete Massnahmen für Versorgung, Forschung und Entlastung.
Aktuell leben rund 156’000 Menschen mit Demenz in der Schweiz. Jedes Jahr kommen 33’000 neue Fälle hinzu – das entspricht einer Diagnose alle 16 Minuten, wovon zwei Drittel Frauen sind. Und auch jüngere Menschen sind betroffen: Rund 8’000 leben mit einer Diagnose vor dem 65. Lebensjahr. Im Jahr 2050 wird mit über 300’000 Erkrankten gerechnet.
Demenz gehört nicht nur zu den folgenschwersten, sondern ist die teuerste Krankheit der Schweiz. Die jährlichen Gesamtkosten belaufen sich auf rund 11,8 Milliarden Franken – Tendenz steigend. Diese stille Krise belastet nicht nur das Gesundheitssystem, sondern vor allem auch die Familien der Erkrankten.
Rund 5,5 Milliarden Franken dieser Summe entfallen auf indirekte Kosten unbezahlte Betreuungs- und Pflegeleistungen durch Angehörige. Viele reduzieren ihr Arbeitspensum oder geben den Beruf ganz auf, um sich um ein demenzerkranktes Familienmitglied zu kümmern. Die übrigen Kosten entstehen durch Spitalaufenthalte, Diagnostik, Medikamente oder Spitex-Leistungen.
Wir müssen in der Schweiz deshalb weiterdenken. Es braucht politische Antworten – und den Willen, Demenz als gesellschaftliche Priorität zu behandeln. Das bedeutet: ein gleichberechtigter Zugang zu Diagnostik und Therapien, die konsequente Übernahme von Medikamentenkosten durch die Grundversicherung und die gezielte Unterstützung von Angehörigen. Denn die Last, die sie tragen, ist nicht nur emotional, sondern auch finanziell immens.
Auch die Forschung darf nicht vernachlässigt werden. Derzeit wird viel Hoffnung in neue Medikamente wie Lecanemab gesetzt. Doch selbst wenn es zur Zulassung in der Schweiz kommt, wird es nur etwa sechs Prozent der Erkrankten nützen. Eine Heilung gibt es weiterhin nicht. Anders als bei vielen Krebserkrankungen fehlt bei Alzheimer und anderen Demenzformen bislang der entscheidende therapeutische Durchbruch.
Deshalb braucht es jetzt eine klare politische und gesellschaftliche Verpflichtung: Die Medikamentenentwicklung muss mit mehr Nachdruck, gezielter Förderung und ausreichender Finanzierung vorangetrieben werden. Denn nur mit Investitionen in Forschung und klinische Studien werden wir langfristig wirksame Behandlungsoptionen für alle Erkrankten schaffen.
Deshalb müssen wir zwei Dinge gleichzeitig tun: Die Forschung vorantreiben – und zugleich die Versorgung und Unterstützung für alle sicherstellen. Menschen mit Demenz brauchen soziale, medizinische und pflegerische Angebote – individuell, bezahlbar und zugänglich.
Alzheimer Schweiz arbeitet gemeinsam mit Fachpersonen, Betroffenen und der Politik daran, diese Strukturen auszubauen und Lücken zu schliessen. Dafür brauchen wir die Unterstützung der VASOS, welche sich für ein Alter in Würde einsetzt.
Hans Stöckli
Präsident Alzheimer Schweiz, alt Ständerat