Für eine nicht diskriminierende Sicht des Alter(n)s
Thema: Generationendialog, News
Viele gängige Altersbilder entspringen negativen Annahmen
“Ist das nicht erstaunlich? Nur gerade eine von zwölf [älteren] Personen bezeichnet ihren Gesundheitszustand als schlecht.
Wir halten fest:
1. Wir wissen über dieses noch junge Phänomen des hohen Alters im Grunde noch viel zu wenig.
2.Zweitens: Unser kalendarisches Alter sagt wenig über uns aus. Nicht nur zu Beginn in den Kleinkinderjahren, sondern vor allem im hohen Alter.
3. Unser Bild vom Alter ist in Stereotypen gefangen.
Altersbilder haben einen direkten Einfluss darauf, was Jüngere vom Alter erwarten und was sich Ältere selbst zutrauen. Viele gängige Altersbilder entspringen negativen Annahmen. Sie gehen davon aus, dass Älterwerden einhergeht mit abnehmender körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit und ein Leben in Abhängigkeit bedeutet. Dieses Bild ist so undifferenziert wie dasjenige der fitten Alten, das uns die Werbung gerne vorspiegelt.” Mit diesen Worten hat Bundesrat Alain Berset 2020 an der Nationalen Gesundheitskonferenz 2030 die Ausgangslage zusammengefasst:
Es ist daher an der Zeit, dass die vorliegende Bericht der vom Bundesamts für Gesundheit publizierten Reihe “Gesund altern – Gesundheitsförderung älterer Menschen in der Schweiz. …” sich mit dem Thema Altersbilder befasst. Die darin enthaltenen Aussagen von Menschen im fortgeschrittenen Alter, Empfehlungen für Fachpersonen und inspirierenden Beispiele aus der Schweiz weisen uns den Weg.
Die ersten beiden Handlungsfelder der aktuellen Decade of Healthy Ageing (Jahrzehnt des gesunden Alterns) der Weltgesundheitsorganisation beinhalten ja konkret folgende Ziele:
- Änderung unserer Denk-, Sicht- und Handlungsweise in Bezug auf das Altern;
- Weiterentwicklung der Gemeinschaften zur Förderung der Fähigkeiten älterer Menschen.
Entsprechend betrifft eines der Kernelemente der Dekade die Lancierung der Global Campaign to Combat Ageism (Globale Kampagne zur Bekämpfung der Altersdiskriminierung).
Wie jedoch in mehreren Beiträgen im vorliegenden Themenheft aufgezeigt wird, ist das vorherrschende Altersbild in unserer Gesellschaft, in der politischen Debatte und Arbeit und sogar unter den älteren Menschen selbst immer noch ziemlich undifferenziert und im Wesentlichen auf die mit dem fortschreitenden Alter verbundenen Defizite und Einbussen ausgerichtet. Dies steht in zunehmendem Widerspruch zur Realität, wie sie heute von einer Mehrheit der Altersgruppen erlebt und empfunden wird und durch die neuesten gerontologischen Forschungen belegt ist.
Diese Realitätsverzerrung wirkt sich nachteilig auf das gesunde Altern aus. Mehrere Texte weisen darauf hin. So wird unter „Ziel und Fokus“ dieses Themenhefts festgehalten: “Eine Auseinandersetzung mit Altersbildern ist für die einzelnen Menschen aller Altersgruppen, aber auch für Angebote, Projekte und Initiativen für und mit älteren Menschen von Bedeutung. Die Publikation veranschaulicht, dass sich eine differenzierte und naturgetreue Sichtweise aufs Alter(n) lohnt.”
In meinen Augen geht es also darum, erstens Informationen über die unterschiedlichen Realitäten des Älterwerdens zu vermitteln, um zweitens sich selbst und andere ältere Menschen in ihrer Vielfalt und lebenslangen Entwicklung zu akzeptieren und drittens ein günstiges Umfeld (einschliesslich angemessener Einstellungen und Verhaltensweisen!) zu schaffen, um die Ressourcen, Fähigkeiten, Kompetenzen und funktionalen Fertigkeiten der Einzelnen zu wahren und zu stärken.
Diese Vorgehensweise (zu der die Publikation beitragen wird) kann es Menschen im fortgeschrittenen Alter erleichtern, besser mit der Situation umzugehen, auch wenn sie gebrechlich oder sogar pflegebedürftig sind. Sie können dadurch ihre verzerrte Wahrnehmung oder gar Verleugnung des Alterns, das noch allzu oft “nur im Rückspiegel betrachtet” wird überwinden. Dazu bedarf es des Engagements und Umdenkens aller Beteiligten, angefangen bei uns älteren Menschen selbst !
Hans Peter Graf, Dr. sc. pol., im Unruhestand, 1950
Mitglied Stiftungsrat FAAG sowie mehrerer Genfer Altersorganisationen,
Mitglied GERONTOLOGIE CH und der VASOS
Publikation: Altersbilder, BAG / Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektor:innen und Gesundheitsförderung Schweiz, , November 2024 (Gesund altern – Gesundheitsförderung älterer Menschen in der Schweiz. Grundlagen und Praxisbeispiele. Folge 3)
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