Gebühr für Bagatellfälle in der Spitalnotfallaufnahme?
Thema: Gesundheit
Nein!
Aus Sicht der VASOS als Stimme der älteren Menschen ist die Notfallgebühr eine Verhinderungsgebühr, rechtzeitig medizinische Hilfe aufzusuchen. Das kann ins Auge gehen und langwierige teure Behandlungen oder Pflegebedürftigkeit nach sich ziehen. Eine solche Gebühr ist unsozial und macht ökonomisch keinen Sinn. Darum lehnt VASOS eine Gebühr für die Notfallaufnahme ab.
Die VASOS lehnt eine solche Gebühr ab. Es sprechen mehrere Gründe gegen die Einführung einer Notfallgebühr für Bagatellfälle.
- Warum gehen so viele Leute in die Notfallstation?Ganz einfach: Weil es viel zu wenig hausärztliche Praxen mit freien Kapazitäten gibt. Assistenzärzt:innen von Notfallstationen finden ebenso wenig eine Arztpraxis für die notwendige Nachkontrollen von Notfall-Patienten und bestellen die behandelten Patient:innen deshalb notgedrungen ins Spital-Ambulatorium. Ausserdem kann aus eigener hausärztlicher Berufstätigkeit in Zürich bestätigt werden, dass (meist migrantische) Patienten in prekären Anstellungsverhält-nissen (Stundenlohn, Akkordarbeit, On-Call-Verträge) für einen Besuch in der Arztpraxis nicht bezahlt werden und deshalb einen halben Ferientag einziehen müssen – da kommt es günstiger, auch mit der Gebühr, den Notfall aufzusuchen!
- Trifft die Notfallgebühr alle gleich?Da die Notfallgebühr alle gleich viel kostet, ist sie für Ärmere schmerzhaft, für Reichere ein Klacks. Dazu ist zu vermuten, dass die Notfallgebühr ärmeren, weniger gebildeten und fremdsprachigen Bagatellnotfall-Patient:innen wohl tieferschwellig aufgebrummt wird als einem eloquenten Schweizer. Diese Notfallgebühr ist nichts anderes als eine weitere Direktzahlung ans Gesundheitswesen, so wirkungslos und ungerecht wie Franchise und Selbstbehalt.
- Was sind überhaupt Bagatellfälle?Wer bestimmt, welche Beschwerden, die zum Aufsu-chen einer Notfallstation führen, Bagatellen sind? Junge, teils unerfahrene Assistenzärzte oder nur Oberärzt:innen? Gibt es überhaupt justiziable Definitionen von Bagatellfällen? Gemäss neuestem OBSAN-Bericht über psychische Krankheiten leiden viele unter einer generalisierten Angststörung (GAS): «In der Schweizerischen Gesundheitsbefragung (SGB) 2022 wurden Symptome einer GAS erhoben: 20,8% der Befragten berichten von leichten und 6,3% von mittelschweren bis schweren Symptomen.“ Mit der Notfallgebühr werden Hypochonder wirkungslos bestraft. Sie werden damit nicht gesund und stehen darum bald wieder im Notfall – sinnlos!
- Senkt eine Notfallgebühr wenigstens – wie versprochen! – Gesundheitskosten und Prämien? Von den 50 Franken müssen Unkosten abgezogen werden: Personalaufwand in den Notfallstationen, Administrativaufwand bei Krankenkassen, allfällige Justizkosten bei erfolgreichen Anfechtungen usw. Vom Restgewinn wird die Prämienlast kaum spürbar gesenkt.
Die Vorlage ist unsozial und macht ökonomisch keinen Sinn. Patient:innen können nichts dafür, dass die Politik die Ausbildung von genügend Hausärzt:innen jahrelang verpasst und deren tarifliche Besserstellung vernachlässigt hat!
Deshalb lehnt VASOS die Einführung von Notfallgebühren für „Bagatellfälle“ strikt ab.
(Vernehmlassungsantwort VASOS) : David Winizki, Hausarzt, Arbeitsgruppe Gesundheit VASOS
Laurence Fehlmann Rielle, Nationalrätin, Präsidentin Arbeitsgruppe Gesundheit VASOS
Bea Heim, a Nationalrätin, Präsidentin VASOS