Die KlimaSeniorinnen – im Kampf für mehr Klimaschutz
Ausgabe: 05-2023 Datum: 25.05.2023
Thema: News
29. März 2023: Strassburg - Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)
Zum ersten Mal in der Geschichte des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) landet ein Fall zugunsten des Klimaschutzes auf dem Tisch der europäischen Richter. Und es ist sogar ein Fall gegen ein Land, die Schweiz, dem von den Klägerinnen vorgeworfen wird, nicht genug für den Klima- und Naturschutz zu tun.
Doch gehen wir der Reihe nach zurück zum Beginn der Scharmützel, als im November 2016 die Gruppe «KlimaSeniorinnen Schweiz» dem Bundesrat, dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) und dem Bundesamt für Energie (BFE) eine klare Petition zukommen liess, in der die Behörden aufgefordert wurden, die Klimaziele zu verschärfen.
Darin wird unter anderem gefordert, dass die Schweiz die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 50 Prozent reduziert und die Störung des Klimasystems auf 20 Grad Celsius begrenzt, wie es das Pariser Klimaabkommen vom 12. Dezember 2015 vorsieht. Dieser internationale Vertrag zwischen den Mitgliedsstaaten der UNO-Klimarahmenkonvention verfolgt das Ziel, die durchschnittliche globale Erwärmung deutlich unter 2 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitraum zu begrenzen und strebt einen maximalen Temperaturanstieg von 1,5 Grad Celsius an. Darüber hinaus zielt das Abkommen darauf ab, private und staatliche Finanzströme auf eine Entwicklung mit geringen Treibhausgasemissionen zu lenken und die Fähigkeit zur Anpassung an den Klimawandel zu verbessern. Es verpflichtet alle Länder in rechtlich verbindlicher Form, alle fünf Jahre auf internationaler Ebene ein nationales Emissionsreduktionsziel (Nationally Determined Contribution, NDC) vorzulegen und zu kommentieren. Die Erreichung des Ziels ist nur politisch verbindlich, während die Umsetzung der nationalen Massnahmen und die Berichterstattung über den Grad der Zielerreichung rechtlich verbindlich sind.
Nachdem das UVEK den Petentinnen im April 2017 ausweichend geantwortet hatte, ohne auf den Sachverhalt einzugehen, erhob die Gruppe «KlimaSeniorinnen Schweiz» Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht, das die Beschwerde im Dezember des folgenden Jahres mit der Begründung abwies, dass die «KlimaSeniorinnen Schweiz» “keine besonders betroffene Bevölkerungsgruppe” darstelle».
Innerhalb eines Monats (Januar 2019) wurde der “Kampf” mit einem Rekurs an das Bundesgericht in Lausanne fortgesetzt, das im Mai desselben Jahres den Einspruch ebenfalls abwies und dabei verschiedene Gründe anführte, die den Klägerinnen fadenscheinig und vage erschienen. Aber die Klima-Ältesten lassen nicht locker” und gehen über das höchste Schweizer Gericht hinaus und wenden sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg. Dieser Gerichtshof soll über das Recht auf Leben und Gesundheit im Zusammenhang mit der globalen Erwärmung entscheiden.
Im März 2021 wurde die Rechtsform einer Beschwerde eingeführt und erhielt ein erstes positives Signal, indem der EGMR ihr den Status einer “vorrangigen Behandlung” zuerkannte. In ihrer Antwort auf die Aufforderung des EGMR zur Stellungnahme verteidigt die Schweiz ihre Massnahmen als angemessen und möchte, dass der Gerichtshof nicht über den Inhalt der Klimabeschwerde der Klägerinnen entscheidet. In ihrer Antwort vom Oktober 2021 bekräftigen die Klägerinnen, dass sie an ihren Forderungen festhalten. Im April 2021 verwies die zuständige Kammer des EGMR den Fall an die Grosse Kammer, die mit Fällen betraut ist, die schwerwiegende Fragen zur Auslegung oder Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention aufwerfen. Nun befinden wir uns in der Gegenwart, und die Anhörung vor der Grossen Kammer des EGMR ist jüngste Vergangenheit: 29. März 2023. Lesen Sie was an diesem denkwürdigen Tag Ende März 2023 geschah im Interview mit Norma Bargetzi-Horisberger.
Marco Lafranchi Vorstandsmitglied der VASOS