SALUTOGENESE FÜR PENSIONIERTE – NR. 6
Thema: Gesundheit, News
Dehnung oder Stretching von Muskeln funktioniert nur bei totaler Entspannung
In der 6. Folge der Salutogenese-Serie war die Rede von der Bewegung. Wir erinnern uns an die drei Formen: Kraft-, Dehnungs- und Ausdauerübungen. Heute kommt Dehnung und Ausdauer zur Sprache.
Dehnung oder Stretching von Muskeln funktioniert nur bei totaler Entspannung. Der Bote der Entspannung ist der (oft überlebensnotwendige!) Seufzer, das entspannende Ausatmen. Während dem Dehnen müssen wir also künstlich tief seufzen sonst geht’s nicht. Wir ziehen den Muskel zunächst bis zur Schmerzgrenze, bleiben dort während dem Einatmen und ziehen dann während dem entspannten Ausatmen millimeterweise über die Schmerzgrenze hinaus – Wippen ist kontraproduktiv! Das letzte Mal schloss ich mit der Kräftigung des Oberschenkelmuskels bis zum Brennen. Anschliessend nehmen wir den Fussrist in die Hand, halten uns mit der anderen Hand am Tisch und ziehen den Fuss während dem seufzenden Ausatmen ganz wenig Richtung Gesäss.
Um die hintere Beinmuskulatur speziell die Waden zu dehnen, stellen wir die Ferse auf einen Stuhl oder eine Bank und beugen uns über das total gestreckte Bein nach vorne bis es zieht. Dann atmen wir tief ein und beugen uns beim Ausatmen ganz wenig weiter Richtung Fuss. Sehr gut lässt sich auch der Brustmuskel dehnen, was gut gegen die Bildung eines Rundrückens ist. Wir stellen uns in eine Türöffnung, heben beide Oberarme bis zum rechten Winkel, legen beide Unterarme auf die Türpfosten, machen mit einem Bein einen kleinen Schritt nach vorne, atmen tief ein und lassen den Oberkörper beim Ausatmen ganz sanft etwas nach vorne fallen. Den Erfolg des Streckens spüren wir, wenn das Manöver leichten ziehenden Schmerz auslöst, der ist gewollt.
Sehr wichtig ist auch das Dehnen der Wirbelsäule. Die Lenden- und Brustwirbelsäule lassen sich mit der gleichen Übung dehnen. Wir stellen uns so hin, dass die Füsse 10-20 cm Abstand haben und beugen uns mit gestreckten Beinen nach vorne so weit es geht. Dann atmen wir ein, halten den Atem 1-2 Sekunden an, während wir Oberkörper, Arme und Kopf bereits „fallen lassen“, wie wenn er am oberen Beckenkamm aufgehängt wäre, erst dann atmen wir aus und lassen den Oberkörper weiter fallen. Dann drehen wir den Oberkörper bei gespreizten Beinen je 6x nach links und rechts und machen das immer morgens und abends. Der Erfolg stellt sich spürbar ein, indem die Hände immer weiter zum Boden kommen – und wir weniger Rückenschmerzen und einen aufrechteren Gang haben!
Zum Dehnen des schmerzhaften Nackens der verspannten „Hartnäckigen“ setzen wir uns auf einen Stuhl mit Rücken- aber ohne Armlehnen. Den linken Arm fixieren wir indem wir die Finger unter die Sitzfläche halten und den Oberkörper nach rechts fallen lassen bis die Schulter sich nicht mehr heben lässt. Den rechten Mittelfinger legen wir mit dem Arm über dem Kopf in den linken Gehörgang. Jetzt bewegen wir den Kopf etwas nach vorn, nach rechts mit einer leichten Rechtsdrehung bis wir den maximalen Schmerzpunkt der verspannten Muskulatur gefunden haben. Dann überprüfen wir nochmals die maximale Entspannung im Sitzen, atmen tief ein und ziehen beim Ausatmen ein klein wenig in den Schmerz, 2-4 Mal. Am Schluss gehen wir langsam in die normale Position zurück und wiederholen dasselbe auf der Gegenseite.
Zum Schluss noch etwas zum Ausdauertraining: Dieses dient in erster Linie dem Herz, dem Blutkreislauf und der Lungenfunktion sowie der Psyche, wenn selbstverständlich auch die Muskeln gestärkt werden. Ob die Ausdauer mittels Joggen, Bergwandern, Schwimmen, Velofahren, Rudern, Walking, Mannschaftssport oder sonst was erreicht wird ist an sich zweitrangig. Sie muss auch nicht zwangsläufig gesteigert werden, das Erhalten ist auch ein Erfolg. Ausdauertraining braucht mehr Zeit als Kraft- und Dehnungsübungen zusammen und sollte deshalb Spass machen. Es lässt sich prima mit Bekannten zusammen machen, stärkt die soziale Einbettung und verhindert Vereinsamung. Auf solche und andere seelische Gesundheitsfaktoren gehen wir das nächste Mal ein.
David Winizki, Hausarzt