Salutogenese für Pensionierte
Ausgabe: 08-2024 Datum: 22.08.2024
Thema: Gesundheit, News
Welche Faktoren stärken unsere Gesundheit und welche nicht?
Der Hausarzt David Winizki, VASOS Mitglied, gibt uns in einer achtteiligen Serie einen Einblick in die Aspekte der Gesundheitserhaltung im Pensionsalter.
In einem ersten Beitrag kommt zur Sprache, welche Bedeutung die wirtschaftliche Sicherheit für die Gesundheit im Alter hat. Den bekannten Spruch: „Lieber reich und gesund als arm und krank“ belegt er mit Zahlen und Fakten. Vor allem ruft er uns Ältere dazu auf, uns zu engagieren und politische Vorlagen, die die Armut verstärken, zu bekämpfen!
- Einleitung
Unter Salutogenese versteht man die Entstehung, respektive Verbesserung der Gesundheit, quasi das Gegenteil von Pathogenese, welche die Entstehung von Krankheit beschreibt.
Salutogenese ist ein Prozess, der wie folgt dargestellt werden kann: Der sozioökonomische Status beeinflusst die materiellen wie psychosozialen Faktoren (und diese interagieren untereinander). Diese beiden Faktoren wirken sich wiederum aufs Verhalten aus, welches die Gesundheit beeinflusst.
Bevor ich konkret auf die Faktoren eingehe, welche unser Verhalten verändern und somit unsere Gesundheit verbessern sollen, beschreibe ich kurz die Ausgangslage. Diese ist nämlich nicht für alle Pensionierten gleich.
- Gesellschaftlich-finanzieller Zustand und Salutogenese
Der gesellschaftliche Status einer Person wird meist anhand ihrer Ausbildung gemessen. Dabei wird zwischen „obligatorische Schulausbildung ohne Berufsabschluss“, „Berufsabschluss“ und „(Fach-)Hochschulausbildung“ unterschieden.
Der ökonomische Zustand einer allein lebenden Person wird durch ihr Bruttoeinkommen bestimmt. Bei Haushalten geht man vom Bruttoeinkommen all seiner Mitglieder aus. Da die Unkosten pro Person in Haushalten tiefer sind, berechnet man das Äquivalenzeinkommen: Die erste Person wird mit 1, alle weiteren Erwachsenen mit 0,5 und Kinder mit 0,3 gezählt. Bei einem Paar-Haushalt (Faktor 1,5) mit Fr. 4’500.- Einkommen beträgt somit das Äquivalenzeinkommen 4’500 : 1,5 = 3’000 Franken.
Als Ausgangswert zur Armutsbestimmung nimmt man den Medianlohn – 50 % verdienen mehr, 50 % weniger – 2022 betrug dieser schweizweit 6’788 Franken pro Monat. Als Grenzwert für relative Armut oder Armutsgefährdung gilt 60 % des Medianlohnes, 4‘073 Franken. Unter 50 % des Medianlohnes, 3’394 Franken gilt jemand als absolut arm. Betroffen von relativer Armut ist ein Siebtel der Bevölkerung, die Hälfte von diesen in absoluter Armut. Gefährdet sind neben Kindern, Frauen, Ausländer:innen, Alleinerziehenden, Vielkinder-Haushalten, IV- und Sozialhilfebezügern insbesondere auch Pensionierte.
«Wenn du arm bist, wirst du öfters krank und musst früher sterben.» Dies gilt für ALLE Krankheiten – ausser den Chromosomen-vermittelten, wie der Trisomie 21 – also für Herz-/Kreislauf-, Verdauungs-, Krebs-, Rheuma-, psychische Erkrankungen, Sucht, Unfall, einfach alle! Bei den Pensionierten bezeichnen 61% der Unausgebildeten aber 82% der Studierten ihren Gesundheitszustand als gut, oder 68% mit einem Äquivalenzeinkommen von weniger als 3‘000 gegenüber 80% jener mit mehr als 7’000 Franken pro Monat.
Etwas konkreter: Übergewicht kommt bei den ärmsten Pensionierten mit 61% bei Männern und 50% bei Frauen vor, bei den Reichsten mit 50% beziehungsweise 36%. Körperlich inaktiv sind bei den Pensionierten ohne Berufsbildung 38% der Männer und 42% der Frauen, bei den Pensionierten mit Hochschulabschluss sind das nur 12, beziehungsweise 24%.
Wir Pensionierten beginnen die Salutogenese also nicht vom gleichen sozioökonomischen Zustand aus und können diesen altersbedingt noch schlechter verändern als die Jungen. Einzig politisch können wir Einfluss nehmen, indem wir unsoziale Vorlagen der Bürgerlichen bekämpfen, welche die sozioökonomischen Ungerechtigkeiten, die Armut vergrössern. Umverteilung tut not!
David Winizki Hausarzt