Vernehmlassung AHV 21
Thema: Sozialpolitik
Stabilisierung der AHV (AHV 21)
Sehr geehrte Damen und Herren
Wir danken für die Gelegenheit zur Stellungnahme, die wir gerne wahrnehmen
1. Allgemeine Bemerkungen
- Die VASOS weist darauf hin, dass die Verfassung in Artikel 112 2/b (AHV) festlegt, dass «Die Renten haben den Existenzbedarf zu decken». Die zur Diskussion stehende Vorlage zur AHV verpasst mit ihren zu niedrigen Rentenanpassungen weiterhin die verfassungskonforme Vorgabe, dass bei Bezug der Rente der Lebensstandard erhalten bleiben soll. Bereits heute leben gut 20% der Rentenbeziehenden in Armut.
- Der Index der Konsumentenpreise gilt als Grundlage für die Berechnung der Teuerung (Inflation), beinhaltet aber nicht die Preise für Krankenkasse und Miete. Aber gerade diese beiden Elemente belasten die Haushaltbudgets der Menschen stark, steigen doch die Prämien für die Krankenkassen wie auch die Mieten überdurchschnittlich an. Dazu sind diese beiden Elemente für die einzelnen Personen nicht ohne weiteres beeinflussbar. Personen, die hauptsächlich von der AHV leben müssen (v.a. Teilzeitarbeitende, Personen im Tieflohnsektor) sind daher bereits bei Beginn des Rentenbezugs auf Ergänzungsleistungen angewiesen und stehen am Anfang der Verarmung. Dies führt zu unerfreulichen Sparmassnahmen bei diesen Personen, die sich später wieder in einem erhöhten Bedarf an Gesundheitsleistungen (zB. Pflege aufgrund von Mangelernährung, Vernachlässigung von Erhaltung der persönlichen Gesundheit) auswirken können.
- Für die Rentensicherung liegt das Problem weitgehend beim BVG. Der Umwandlungssatz wird immer weiter reduziert, was zu einer erschreckenden Kürzung der Beiträge führt.
2. Referenzalter 65:
- Die Erhöhung des Referenzalters für den Rentenbezug auf 65 Jahre bei den Frauen ist nicht akzeptierbar. Allerdings sind die dafür angegebenen Ausgleichsmassnahmen zu wenig weitgehend.
- Weiter ist eine Erhöhung des Frauenrentenalters nur ins Auge zu fassen, wenn endlich die schon lange in der Verfassung festgehaltene Lohngleichheit umgesetzt ist.
- Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob überhaupt Arbeitsplätze bis zum Referenzalter 65 für Frauen vorhanden sind. Bisher sträubt sich die Wirtschaft relativ konsequent, Arbeitskräften über 55 Jahren ausreichend Stellen anzubieten (Stellen notabene, die einerseits den Qualifikationen der Menschen entsprechend und die den Arbeitenden einen Lohn erbringen, der zur Bestreitung des Lebenserhalts genügt und damit auch zu einer effektiven Rentenbildung beiträgt). Zurzeit fehlen gut 120’000 Arbeitsplätze für ältere Mitarbeitende. Die Arbeitgeber sollen auch die ältere Menschen mit Weiterbildungsmassnahmen födern, damit diese, den im Wandel begriffenen Arbeitsanforderungen weiterhin gewachsen sind,
- Ein wichtiges Argument gegen Referenzalter 65 bei den Frauen bildet auch die ungleiche Entlöhnung für die gleiche Arbeit bei gleichwertiger Erfahrung und Bildung. Dieses Argument ist auch nach jahrzehntelanger fruchtloser politischer Diskussion nicht gelöst. Um mit Gleichheit zu argumentieren, wie dies (unter Männern) bei den Pflichten wie Militärdienst oder eben Referenzalter zum Rentenbezug geschieht, braucht es auch Gleichheit bei den Dienstleistungen, die grossmehrheitlich von Frauen erbracht werden, wie freiwillige CareArbeit, Betreuungsarbeit, Arbeiten im -unerlässlichen- Hilfs pflegerischen Medizinal Bereich. Die Betreuungsgutschriften sollten auch den freiwilligen Helfer der Rentnerinnen-Bezüger angerechnet werden. Es ist nach wie vor erstaunlich, dass diese Arbeiten mit einem enormen volkswirtschaftlichen Wert nicht oder nur mit eingeschränkten Betreuungsgutschriften entschädigt oder gerechnet werden.
- Zu begrüssen ist die vorteilhaftere Rentenformel. Allerdings setzt der «Verbesserungsknick» erst bei einem Einkommen nach 14’100 ein. Unserer Meinung nach sollte der Knick diese Einkommenskategorie erst recht beinhalten, da gerade die Menschen mit den tiefsten Einkommen konstant an der Armutsgrenze leben.
3. Flexibilisierung des Rentenbezuges bei der AHV
- Der flexibilisierte Rentenbezug – zwischen 62 und 70 Jahren – ist grundsätzlich begrüssenswert. Vor allem, dass die nun über das Referenzalter hinaus gearbeiteten Jahre bzw. die damit erschaffenen Beiträge dazu dienen können, entweder die anstehende Rente aufzubessern oder Lücken aus früheren Jahren auszugleichen. Allerdings ist nur das die 1’400 Franken übersteigende monatliche Einkommen beitragspflichtig.
- Die Rentenkürzungssätze für den Vorbezug ab 62 Jahren betrachten wir als zu hoch. Da sich nur Arbeitende mit mittleren bis höheren Gehältern eine solche Einbusse auf die ganze Rentenbezugsdauer leisten können, sind diese Kürzungssätze, je tiefer das Einkommen ist, abzustufen oder ganz wegzulassen und nicht an den Jahren des Vorbezugs auszurichten.
- Die Übergangsfristen betrachten wir als zu kurz, um eine effektive Abfederung der Erhöhung des Referenzalters auszugleichen.
4. Finanzierung
- Um das Ziel, – gemäss Botschaft – die AHV finanziell abzusichern, zumindest bis zum Jahre 2030, werden die Erhöhung von Mehrwertsteuer und Lohnprozente bei den Erwerbstätigen vorgesehen. Der Bundesbeitrag soll auf bestehendem Niveau weiter bestehen. Durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer sei die Belastung bei Jung und Alt besser aufgeteilt, so ein Argument zugunsten der MwSt.-Erhöhung.
- Wir unterstützen den Vorschlag, dass Lohnprozente und MwSt erhöht werden, um die Finanzen der AHV zu sichern
- Ebenso sehen wir den Beitrag des Bundes noch nicht am Ende der Fahnenstange: mit einer Erhöhung des Bundesbeitrages auf 21% wäre ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung der AHV getan.
5. Grundsätzliche, zusammenfassende Würdigung des Vorentwurfes AHV 21
Die Lösung, eine volkswirtschaftlich tragbare Rente, aufbauend auf dem traditionellen Rentenbildungsweg in der Schweiz (3-Säulen – Modell) zu finden zeigt sich je länger je schwieriger. Und je mehr Zeit verfliesst, umso höher werden die nach heutigen Standards berechneten Kosten. Diese hohen Kosten alleine der demografischen Entwicklung der Bevölkerung zuzuschreiben, erscheint uns etwas kurzsichtig. Einerseits erachten wir es als Gewinn, dass durch bessere Lebensbedingungen und durch die gute medizinische Versorgung viele Menschen ein höheres Alter erreichen. Andererseits betrachten wir diese nur als einen Kostenfaktor, der unseren Lebensstandard zu mindern droht. Um die Zukunft eines würdigen Lebens aller Pensionierten bzw. aller Rentenbeziehenden langfristig zu sichern, brauchen wir die Abkehr vom heutigen halb öffentlich-rechtlichen Weg (AHV), gekoppelt mit privaten Versicherungen (BVG), hin zu einer Volkspension ohne gewinnschöpfende Privatbeteiligungen von Versicherungsgesellschaften. Eine solche Volkspension käme auf tiefere Verwaltungs- und Betreibungskosten und könnte somit höhere, verfassungskonforme Renten ausschütten. Höhere Renten um in der nach wie vor reichen Schweiz endlich ein reiches Leben, ob gut oder arm, in Würde beenden zu können.
Wir danken für die Berücksichtigung unserer Anliegen.
Mit freundlichen Grüssen VASOS, Co-Präsidium
i.V. Bea Heim, NR Jacques Morel
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