Alt werden ohne betreuende Familienangehörige
Ausgabe: 08-2023 Datum: 29.08.2023
Thema: News
Zu diesem Thema führte die Fachhochschule für Soziale Arbeit FHNW eine Studie durch, die kürzlich veröffentlicht wurde
Die Zahl der älteren Menschen (Alter > 65) ohne betreuende Familienangehörige nimmt immer mehr zu. Im Moment sind es rund 142’000 Personen. Das schweizerische System ist aber noch weitgehend geprägt von der Ansicht, dass im Alter Familienangehörige für eine allfällige Betreuung zuständig sind.
Die Studie will dafür sorgen, dass die Gruppe der älteren Menschen ohne Familienangehörige wahrgenommen wird, ist diese doch im Vergleich zu den andern älteren Personen speziellen Risiken ausgesetzt.
In einem ersten Teil wird die Situation der betroffenen Personen untersucht. Mittels Interviews wird versucht, herauszufinden, was die Wünsche und Bedürfnisse sind. Wie nicht anders zu erwarten, sind diese keinesfalls bei allen dieselben, hingegen gibt es solche, die fast allen gemeinsam sind. In einem zweiten Teil untersucht die Studie, was für Angebote für die älteren Leute, speziell natürlich für diejenigen ohne betreuende Familienangehörige, vorhanden sind. Die Angebote sind nicht überall die gleichen, aber die Bedürfnisse sind es auch nicht. Schliesslich versucht die Studie herauszufinden, inwieweit die Angebote nützlich und hilfreich sind. Aufgrund dieser Analyse werden Handlungsempfehlungen formuliert.
Bei den Wünschen und Bedürfnissen der Zielgruppe steht die Sorge um die Gesundheit und die finanzielle Situation im Vordergrund. Sehr wichtig ist auch der Wunsch nach möglichst grosser Autonomie. Man will ein selbstbestimmtes Leben führen können.
Angebote gibt es formelle und informelle. Man staunt, wie viele Organisationen es gibt, die sich um das Wohl der älteren Bevölkerung kümmern. Dennoch bleiben einige Defizite und Lücken. Ins Gewicht fallen die Betreuungslücken am Abend, am Wochenende, an Feiertagen sowie in der Ferienzeit.
Für alle diese Probleme macht die Studie einige Handlungsempfehlungen. Das Wichtigste meiner Ansicht nach ist die Einführung eines Rechts auf Betreuung. Die Betreuung ist in der Schweiz derart kommerzialisiert, dass sich nur reiche Leute eine angemessene Betreuung leisten können. Das muss dringend geändert werden. Immerhin definierte die WHO bereits im Jahr 1946 in ihrer Verfassung die Gesundheit als physisches, psychisches und eben auch soziales Wohlbefinden. Die Schweiz hat im Jahr 1948 diese Verfassung übernommen. Um das soziale Wohlbe-finden zu gewährleisten, braucht es eine angemessene Betreuung. Diese soll allen zustehen, ob arm oder reich. Wie die Pflege muss dringend auch die Betreuung in die Sozialversicherung integriert und entsprechend finanziert werden.
Rolf Schneider VASOS, Delegierter im SSR
Hier mehr Informationen zur sehr empfehlenswerten Studie:
“Alt werden ohne betreuende Familienangehörige“
von Isabel Heger-Laube, Rebecca Durollet, Yann Bochsler und Carlo Knöpfel
Dokument: https://www.im-alter.ch/uploads/media/default/0001/01/2023-Heger-Laube-Alt-werden-ohne-betreuende-Familienangehoerige-Schlussbericht.pdf
Kurzfassung: https://www.im-alter.ch/uploads/media/default/0001/01/2023-AoA-Kurzfassung-de.pdf
Zusammenfassung:https://www.im-alter.ch/uploads/media/default/0001/01//Management%20Summary%20DE_final_neu.pdf