Interprofessionelle Zusammenarbeit für die Prävention von Stürzen zu Hause
Ausgabe: 08-2023 Datum: 29.08.2023
Thema: Gesundheit, Sozialpolitik, Wohnen im Alter & Mobilität
Ein wichtiges Projekt für ältere Menschen, an dem mehrere Akteure beteiligt sind
Das Tessin hat eine Vorreiterrolle bei einem Projekt, das von ALVAD (Associazione Locarnese e Valmaggese di Assistenza e cura a Domicilio) in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Unfallverhütung (bfu), der Tessiner Rheuma-Liga, dem Tessiner Physio-Therapeutenverband (Physio Ticino), der PIPA (Pharmaceutical Information & Pharmacovigilance Association), der Schweizerischen Rheumaliga und mit VitaAttiva (eine Gruppe Gesundheitsfachleute, die zur Sturzprävention mit kognitivem Training für ältere Menschen an deren Muskelstärkung arbeiten) geleitet wird.
Das Projekt wird zu 67% von der Gesundheitsförderung Schweiz (eine private Stiftung, unterstützt von Bund, Kantonen und Versicherern) finanziert. Es hat eine Laufzeit von 3 Jahren (2023-2025) und zielt darauf ab, vorhandenes Know-how und etablierte Projekte im Bereich der Sturzprävention koordiniert in die Praxis umzusetzen. Kurz- und mittelfristig wird eine deutliche Reduktion der Stürze sowie eine Verbesserung der Mobilität und der Lebensqualität der Patient:innen erwartet. Langfristig soll dieses Projekt einen interprofessionellen Gesundheitsansatz zur Sturzprävention in der häuslichen Pflege aufzeigen.
Stürze von älteren Menschen: ein relevantes Problem
Dr. med. Stefano Gilardi, Präsident von ALVAD, sagte in einem Interview mit der Zeitung LaRegione, dass physiologisch bedingt «mit steigendem Durchschnittsalter der Bevölkerung auch die Zahl der Stürze zunimmt,“ Alles begann mit dem Plan, Stürze bei älteren Menschen so weit wie möglich zu verhindern. Auf schweizerischer Ebene sprechen wir von jährlich rund 90.000 Sturz-Ereignissen, von denen etwa die Hälfte zu Hause passiert. Das Projekt ist Teil eines grösseren Konzeptes zur Förderung der Gesundheit und Autonomie im Alter und betrifft insbesondere Präventionsprojekte wie z.B. die ersten Anti-Sturz-Kampagnen auf kantonaler Ebene, die regelmässigen Grippe- und Covid-19-Impfkampagnen und die zahlreichen Sensibilisierungs- und Präventionsaktivitäten in den Tageszentren der Pro Senectute. ALVAD betreut rund 2’000 Seniorinnen und Senioren, ist daher bestens vertraut mit der Sturzproblematik und schlägt aufgrund ihrer Erfahrungen konkrete strukturierte Präventionsmassnahmen vor,
Physiotherapeutische und beratende Massnahmen orientieren sich am Sturzrisiko im Alter
Für Alessandra Viganò, Gesundheitsdirektorin und Projektleiterin von ALVAD, geht es darum, «die Hilfe für ältere Menschen, die bereits von der Vereinigung zu Hause betreut werden, auszuweiten, indem Physiotherapie und Beratung angeboten werden, die sich am Sturzrisiko im Alter orientieren. Je nach Grad der Mobilität werden die Maßnahmen zu Hause oder im VitaAttiva-Zentrum in Solduno durchgeführt.
In der Praxis können sich ältere Menschen ab 70 Jahren, die im ALVAD-Gebiet (Locarnese und Vallemaggia) leben, freiwillig einer Sturzrisikobewertung durch speziell geschulte ALVAD-Sozial- und Gesundheitsarbeiter und Krankenschwestern unterziehen. Anhand eines “Screenings” werden sie in eine bestimmte Kategorie eingeteilt um die für sie am besten geeignete Physiotherapie und Beratung zu finden. Bei geringem Risiko ist ein 12-wöchiger Trainingszyklus vorgesehen im Bewegungszentrum des Vereins VitaAttiva oder bei allenfalls eingeschränkter Mobilität auch zu Hause. Bei mittlerem Risiko ist ein 90-minütiger Hausbesuch mit einer Sturzpräventionsberatung durch die Schweizerische Rheumaliga vorgesehen. Bei hohem Risiko schliesslich bespricht sich ALVAD dem Arzt des Patienten eine 12-wöchige Physiotherapie zu Hause. Letztere wird von einem speziell für das Projekt ausgebildeten Physiotherapeuten durchgeführt und kann vom Patienten frei gewählt werden. Ein erstes interdisziplinäres Treffen eines Physiotherapeuten mit einer Pflegefachperson von ALVAD dient der Beurteilung, ob mit einer Standardisierung des interdisziplinären Therapie-Verfahrens, differenziert nach dem Sturzrisiko unter Beachtung aller Risiko-Faktoren – die Mobilität und die Lebensqualität verbessert, die Angst vor Stürzen und natürlich auch die Zahl der Stürze verringert werden kann. Der zweite Aspekt ist eine Verbesserung der interprofessionellen Zusammenarbeit der verschiedenen Fachpersonen in der Unterstützung des älteren Menschen zu Hause.»
Marco Lafranchi, Vorstand VASOS
Weitere Auskünfte:
Alessandra Viganò Martina Rothenbühler
E-mail: alessandra.vigano@alvad.ch E-mail: m.rothenbuehler@rheumaliga.ch
Telefon: 091 756 22 70 Telefon: 044 487 40 17