Pro Senectute Schweiz lud in Biel zum ersten Nationalen Alterskongress
Ausgabe: 02-2024 Datum: 22.02.2024
Thema: News
Negative Altersklischees belasten die Gesellschaft
Über 400 Interessierte trafen sich zu spannenden Referaten und Podiumsdiskussio-nen und auch um sich untereinander auszutauschen.
«Im Jahr 2023 haben mehr als 100 000 Personen das Rentenalter erreicht.» Das sei eine Herausforderung, so die Botschaft von Alain Huber, Direktor von Pro Senectute Schweiz. «Wir möchten über die Bedeutung dieser demografischen Entwicklung nachdenken und Szenarien entwickeln, wie die über 65-Jährigen in unsere Gesellschaft integriert und als deren Teil erhalten werden», fuhr Alain Huber fort.
Stéphane Rossini, Direktor des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV), zeigte zu Beginn seines Referats eine Grafik der zahlreichen Organisationen, die in der Schweizer Altersbegleitung tätig sind. Er betonte die Interdisziplinarität aller betroffenen Bereiche: Gesundheit, Wohnen, Pflege, Mobilität und forderte eine intensivere Zusammenarbeit der Akteure.
Epochal Neues zu erfahren habe ich nicht erwartet – vielmehr schätze ich es, bereits Bekanntes mit anderen zusammen vertiefter zu reflektieren. Das Schluss-Referat allerdings, wie negative Altersbilder die Gesundheit belasten, werde ich nicht vergessen. Vielleicht weil ich das selber so empfinde. Denn sobald von „demografischer Alterung als Herausforderung“ die Rede ist, geht in mir eine Warn-Lampe an. Will da wieder jemand uns Ältere als kollektive Last und Gefährdung des Wohlstands anprangern?
Negative Altersklischees belasten die Gesellschaft
Dr. Christina Röcke, Co-Direktorin Healthy Longevity Center, der Universität Zürich vertrat in Biel einen klaren Standpunkt. Sie bezeichnete die in Medien und Politik verbreiteten negativen Altersklischees als eine Art „self-fulfilling prophecy“, eine Vorhersage, die sich wie von selbst erfüllt. Sie werden zu oft verinnerlicht und belasten unsere körperliche und geistige Gesundheit sowie unser soziales Befinden. Ein negatives Selbstverständnis im Alter erhöht das Risiko von Herzkreislaufkrankheiten und Gedächtnisschwäche bis hin zur Demenz. Dadurch wird genau das bewirkt, woran die ältere Generation schuld sein soll, nämlich höhere Kosten im Gesundheitswesen.
Dass sich negative Altersbilder so hartnäckig halten, ist nach der Meinung von Dr. Christina Röcke auf eklatante Wissensdefizite im Altersbereich zurückzuführen. Dabei gibt es durchaus positive Entwicklungen. Darüber sollten wir mehr sprechen: dass das Wohlbefinden zunimmt und dass Lernen bis ins hohe Alter möglich ist.
Die Altersdiskriminierung lässt sich bekämpfen, sagt die Altersforscherin, durch Politik und Gesetz, bildungsbezogene Aktivitäten und generationenübergreifende Interventionen. Vor allem gilt es positiv über das Alter zu reden, die Chancen des längeren Lebens zu erkennen: Altern ist ein dynamischer Prozess, der zu neuen Fähigkeiten und Kenntnissen führt, von denen wir als Gesellschaft profitieren können.
Negative Altersstereotypien jedoch führen zur Homogenisierung einer an sich sehr heterogenen Bevölkerungsgruppe.
Wir alle verdienen es, auch im Alter als Individuen wahrgenommen und respektiert zu werden.
Bea Heim, Präsidentin VASOS